Mandala (41)

Sozialarbeiterin bei der Caritas in Meppen

Mandala ist Sozialarbeiterin und berät, betreut und begleitet alkoholauffällige oder -abhängige Häftlinge. Respekt ist dabei für Mandala ein ganz zentrales Thema. Sie weiß: Nur wer sein Gegenüber mit Respekt behandelt, bekommt diesen für seine Arbeit auch zurück.

Nur wenige Menschen sitzen so oft im Gefängnis wie Mandala. Und die meisten dürfen es nicht wie sie nach getaner Arbeit verlassen. Mandala ist als Sozialarbeiterin für die sogenannte Motivationsbehandlung verantwortlich. Wie wertvoll diese Arbeit für die Gefangenen ist, sieht man schon daran, dass viele Insassen das Angebot gern annehmen und zu ihrer eigenen Rehabilitation nutzen. „Die Menschen, die in den geschlossenen Vollzug gehen, geben an der Pforte alles ab – auch immaterielle Dinge wie ihre Privatsphäre”, sagt Mandala und fügt hinzu: „Wir sprechen mit den Leuten abseits der Räder der Justiz unter Schweigepflicht und haben natürlich auch einen Vertrauensbonus in diesem geschützten Rahmen.”

Den Insassen, die unter Alkoholeinfluss Straftaten begangen haben, wird zwar die Teilnahme an der Motivationsbehandlung nahegelegt, verpflichtend ist diese jedoch nicht. „Ein bisschen Freiwilligkeit muss schon vorhanden sein”, sagt Mandala, die in ihren beiden zehnköpfigen Gruppen in der JVA Meppen vor allem darüber spricht, was der Alkohol körperlich und geistig anrichtet, welche langfristigen Folgewirkungen auftreten können und welche Auswirkungen der Konsum auf die eigene Konfliktfähigkeit hat. Dabei wird nicht nur thematisiert, welche Konsummuster und welches Verhalten die Teilnehmer bis ins Gefängnis gebracht hat, sondern auch, ob sich jemand zu einer Therapie bereiterklärt. Wer dies bejaht, bekommt dann Hilfe bei den notwendigen Anträgen.

Wenn man Mandala nur kurz kennenlernt, die eher zierliche, zunächst zurückhaltend wirkende Frau, drängt sich eine Frage auf: Wie verschafft sie sich den nötigen Respekt gegenüber gestandenen, männlichen Häftlingen? Auch Mandala selbst fürchtete anfangs, dass sie sich nicht gegen die Häftlinge durchsetzen könne, schließlich stehen Straftaten der unterschiedlichsten Arten in den Biographien ihrer Klienten. Doch obwohl sie sich schon vor dem ersten Kontakt über den Haftgrund ihres Gegenübers informieren könnte, hat sie einen ganz eigenen, wirkungsvolleren Weg entwickelt, ihren Klienten vorurteilsfrei zu begegnen: Beim ersten Gespräch lässt sie die Gefangenen selbst zunächst von sich und dann von ihrer Tat erzählen. So bleibt der Mensch im Vordergrund. „Ich trete meinen Klienten respektvoll gegenüber und verurteile sie nicht. Und dafür zollen sie auch mir den nötigen Respekt.“ Ernsthafte Probleme mit Häftlingen gab es tatsächlich noch nie. Meist ist es eher Dankbarkeit, die die Insassen ihr entgegenbringen.

Auch wenn es mal langfristige Belastungen gibt, wird man bei der Caritas verstanden, das ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr.

So richtig ausgesucht hat Mandala sich ihren Job eigentlich nicht. Sie ist eher zufällig dort gelandet: Über die Wohnungslosenhilfe und die Schwangerschaftsberatung des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) im Raum Köln ging es mit einer Zwischenstation in Bremen wieder zurück in ihre emsländische Heimat. Und obwohl sie weiterhin in der sozialen Arbeit tätig sein wollte, wollte sie auf keinen Fall zur Caritas. „Die Caritas im Rheinland habe ich für mich als zu konservativ erlebt.“ Zunächst wollte Mandala das Vorstellungsgespräch nur für ihren Erfahrungsschatz mitnehmen, aber danach … hatte sie ein richtig gutes Gefühl! „Leider ging es bei der Stelle nur um eine Elternzeitvertretung und als die Kollegin wiederkam, war sie mir auch noch so sympathisch, dass ich nicht mal sauer sein konnte”, blickt Mandala heute mit einem Schmunzeln auf ihre ersten Erfahrungen mit dem hiesigen Caritasverband zurück.

Doch weil der Geschäftsführer ihr den Job in der Motivationsbehandlung zutraute, schaute sie sich diesen genauer an und war von der Arbeit vom ersten Moment an fasziniert. Einzig die schwierigen Rahmenbedingungen und das besondere Arbeitsumfeld waren zunächst gewöhnungsbedürftig. Mit ihrer Teilzeitstelle ist die dreifache Mutter mittlerweile aber absolut glücklich und findet bei Bedarf auch den nötigen Abstand zum „Knastleben”, vor allem wenn sie sich in ihrer Küche der Leidenschaft fürs Schnibbeln und Kochen hingibt und alles um sich herum vergessen kann.

Überhaupt steht für Mandala die Familie an erster Stelle, da ist es ihr auch besonders wichtig, dass die Caritas im Emsland sehr offen und unterstützend ist. „Es wird auch viel gefordert, aber zwischenmenschlich hat der Umgang viel mit christlicher Identität zu tun”, beschreibt sie ihren Arbeitgeber. Private Belastungen würden verstanden, Familien unterstützt. Das weiß Mandala aus eigener Erfahrung: Zu Beginn ihrer zweiten Schwangerschaft gewährte der Verband ihr sogar den ersehnten Festvertrag. „Das hat mich so gerührt, da bekam ich Gänsehaut.” In schweren Zeiten stehe der Verband seinen Mitarbeitern einfach zur Seite. Doch auch darüber hinaus ist Mandala zufrieden: Eine starke Mitarbeitervertretung, die Förderungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten, Gesundheitsmaßnahmen oder auch mal das bloße Angebot von frischem Obst und die jährlichen Besinnungstage, all diese Dinge verbindet sie mit einer Caritas, die nun auch ihre Caritas ist.

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